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Wie der Kaffee ins Museum kam.

Im Botanischen Museum kann man seit neuestem selber Kaffee mahlen. Und ganz viel über die schwarze Bohne lernen. Warum das Kultgetränk ins Museum gehört – darüber spricht Kathrin Grotz, Historikerin und Kuratorin der Ausstellung.

Ob beim ersten Rendezvous oder beim politischen Wirtschaftsgipfel – allerorten wird Kaffee getrunken. Wenn das Botanische Museum ein Jahr lang den Fokus auf Kaffee richtet, dann kann man getrost davon ausgehen: Kaffee ist mehr als ein Getränk.

KG: Ganz genau! Coffea arabica, die Kaffee-Art um die es uns in der Ausstellung vor allem geht, ist eine wichtige Kulturpflanze, deren Wildpopulationen in den äthiopischen Bergregenwäldern stark bedroht sind. Kaffee ist aber auch ein Weltwirtschaftsfaktor – nach Öl übrigens der meistexportierte Rohstoff der Welt. Brasiliens Kaffeebarone haben z.B. bis ins 20. Jahrhundert hinein die Politik ihres Landes bestimmt. Kaffee war ein Grund warum Eisenbahnen gebaut wurden, und Sklaverei ist ein weiteres wichtiges Thema in der Geschichte des Kaffeeanbaus... Ganz vereinfacht gesagt ist das Thema Kaffee ein unendliches Forschungsfeld, an dem neben Botanikern und Biologen auch Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler arbeiten. Das Forschungsprojekt CoCE, das wir in der Ausstellung vorstellen, hat beispielsweise die äthiopischen Kaffeewälder interdisziplinär untersucht.

Gibt es bei so einem globalen Projekt auch  greifbare Ergebnisse, die man präsentieren kann?

KG: Ja. Einige der letzten verbliebenen Kaffeewälder, in denen Coffea arabica in wesentlich größerer genetischer Vielfalt vorkommt als auf den Plantagen weltweit, sind jetzt endlich Biosphärenreservate, und die Forschung hat entscheidend dazu beigetragen, maßgeschneiderte Schutzkonzepte für diese Wälder zu entwickeln. Das auf spannende Art zu vermitteln, war ein Ziel unserer Ausstellung. Die Herausforderung war – bei der Fülle an Informationen - den roten Faden nicht zu verlieren.  Wo haben andere Kaffeeausstellungen aufgehört – wo setzen wir an.

Das klingt alles sehr theoretisch - Wie machen Sie dieses Wissen greifbar?

KG: Wissenschaft kann wahnsinnig unterhaltsam sein und Spaß machen! Wir haben einen Ansatz gefunden, der neu ist – wir kombinieren die Sozialgeschichte des Kaffees mit Fallbeispielen einzelner Länder. 
Der Besucher steht quasi von seinem heimischen Kaffeetisch auf und läuft durch Zeit und Raum zurück bis in die Regenwälder Äthiopiens – dabei nimmt er den Weg, der die Kaffeepflanze auf die Plantagen weltweit gebracht hat.
Dieses theoretische Gerüst muss natürlich von unserem Ausstellungsteam mit Leben gefüllt werden. Es hat diesen Ideen durch eine stimmige Ausstellungsarchitektur erst Gestalt gegeben. Wichtig sind aber auch schöne und aussagekräftige Objekte: das Ethnologische Museum Dahlem hat uns zum Beispiel orientalische Kaffeekännchen und Trinkschalen ausgeliehen , die Stiftung Stadtmuseum viele schöne und kostbare Porzellanstücke,  und dem Überseemuseum in Bremen verdanken wir die schönen Modelle. Es wurde zu keiner Zeit „einfach nur so“ Kaffee getrunken. Mit unseren interaktiven Kaffetischen möchten wir erfahrbar machen, dass Kaffee immer auch ein Getränk mit einer sozialen Funktion gewesen ist. Selbst die „Kaffeekränzchen“ der Damen in der Biedermeierzeit waren hochkomplexe Angelegenheiten und die eingeladenen Gäste waren sorgsam ausgewählt.

Wenn unsere Besucher mit einem Aha-Effekt aus der Ausstellung raus gehen – dann war sie ein Erfolg.